Während in nahezu jedem beruflichen Sektor eine spezifische Ausbildung und nachweisbare Fachkenntnisse unerlässlich sind, um Verantwortung zu übernehmen, gilt diese grundlegende Anforderung seltsamerweise oft nicht für diejenigen, die an den Schalthebeln der Macht sitzen. Politiker, die mit der Steuerung ganzer Länder betraut sind, werden nicht selten aufgrund parteiinterner Kriterien oder ihrer Fähigkeit, politische Bündnisse zu schmieden, in ihre Ämter berufen, ohne dass zwingend erforderlich ist, dass sie über tiefergehende Kenntnisse in den ihnen zugewiesenen Ressorts verfügen.
Diese Praxis steht in krassem Gegensatz zu den strengen Anforderungen, die an Fachleute in anderen Bereichen gestellt werden. Beispielsweise würde niemand die Dienste eines Dachdeckers in Anspruch nehmen, der nicht über jahrelange Erfahrung und eine fundierte Ausbildung in seinem Handwerk verfügt. Ähnlich verhält es sich in Berufen wie der Medizin, der Rechtswissenschaft oder der Ingenieurwissenschaft, wo eine umfangreiche Ausbildung und strenge Zertifizierungsverfahren sicherstellen, dass nur diejenigen praktizieren dürfen, die ihre Fachkenntnisse unter Beweis gestellt haben.
Wie kann es sein, dass für die Ausübung von Berufen, die das Leben einzelner Menschen betreffen, strenge Qualifikationskriterien gelten, während für die Leitung eines ganzen Landes, was das Wohl von Millionen betrifft, solche Kriterien scheinbar in den Hintergrund treten?
Politische Ämter werden häufig auf der Grundlage von Parteizugehörigkeit, Loyalität und politischer Strategie vergeben, nicht unbedingt aufgrund fachlicher Qualifikation oder Expertise im betreffenden Ressort. Dieses Vorgehen ist in vielen politischen Systemen weltweit zu beobachten, unabhängig von der Regierungsform oder dem politischen Spektrum. Die Ernennung zu einem politischen Amt folgt oft mehr einer Logik der politischen Opportunität als einer Logik der Kompetenz.
Während in vielen Berufsfeldern ein direkter Zusammenhang zwischen der Ausbildung einer Person und ihrer beruflichen Rolle besteht, ist dies in der Politik nicht immer der Fall. Politiker müssen zwar eine breite Palette von Themen verstehen und Entscheidungen treffen, die auf komplexen Informationen basieren, aber sie sind nicht immer Experten in den Bereichen, für die sie verantwortlich sind.
Wiederholte Misserfolge oder Skandale, die auf mangelnde Fachkenntnisse zurückzuführen sind, untergraben das Vertrauen der Öffentlichkeit in die politischen Institutionen und ihre Führungskräfte.
Wir haben es aktuell mit einer Politik zu tun, die zunehmend von wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen entkoppelt ist.
Wir müssen Mechanismen finden, die sowohl effektive politische Führung als auch fundierte Entscheidungsfindung fördern. Lösungsansätze könnten beispielsweise eine stärkere Transparenz bei der Auswahl und der Arbeit von Beratern, die Förderung von interdisziplinären Fähigkeiten bei Politikern und die Schaffung von Institutionen zur unabhängigen Bewertung politischer Maßnahmen umfassen.
Die Herausforderung besteht darin, ein System zu entwickeln, das die Stärken politischer Führung mit der Notwendigkeit verbindet, dass Entscheidungen auf soliden Fachkenntnissen beruhen. Eine solche Balance zu finden, ist entscheidend für die Effektivität und Legitimität demokratischer Regierungsführung und damit unserer Zukunft!
Detlef von Hellfeld
Copyright © 2020 trust7 GmbH – Alle Rechte vorbehalten.